Zum Inhalt springen

Geschichtskurs beim Historikertag in Bonn

Projektion: 'KI ist kein Fenster in die Vergangenheit, sondern ein Spiegel unserer digitalen Gegenwart.' (Roland Meyer)
Datum:
26. Sept. 2025
Von:
Berit Keiser

KI trifft Geschichte – Exkursion zur Uni Bonn

Der Ausflug unseres Q1-Geschichtskurses zum Historikertag Bonn begann mit einem Blick in die Zukunft der Geschichtsforschung. An der Universität erfuhren wir, wie Künstliche Intelligenz (KI) dabei helfen kann, Vergangenheit neu zu erschließen und darzustellen.

Gleich zu Beginn diskutierten wir ein spannendes Beispiel: ein Chatbot, der die Tagebücher von Anne Frank nutzt, um Fragen zu beantworten. Das wirkte auf den ersten Blick faszinierend, machte uns aber auch nachdenklich: Kann eine Maschine wirklich einer historischen Persönlichkeit eine Stimme geben – oder besteht die Gefahr, dass Geschichte verfälscht wird?

Auch auf Social Media wird KI bereits genutzt, um historische Inhalte zu verbreiten. In kurzen Videos werden Persönlichkeiten zum Sprechen gebracht oder Ereignisse mit KI-Animationen rekonstruiert. Das kann spannend sein, weil es Geschichte für ein junges Publikum greifbarer macht – gleichzeitig muss man genau hinschauen, ob das Dargestellte wirklich den Fakten entspricht.

Besonders beeindruckt hat uns außerdem „Transkribus“, eine Software, die alte Handschriften automatisch entziffert. Früher mussten Historikerinnen und Historiker mühsam Schriften wie Sütterlin oder Kurrentschrift lernen – heute kann KI große Mengen alter Texte durchsuchbar machen. Anhand echter Quellen, etwa eines Liebesbriefs aus dem 18. Jahrhundert, sahen wir live, wie die KI Texte erkennt. Zwar schleichen sich Fehler ein, doch die Technik erleichtert den Zugang enorm und eröffnet neue Forschungswege.

Zum Abschluss der Vorlesung ging es noch um die Planung der neuen Dauerausstellung im Haus der Geschichte Bonn. Hier sollen digitale Medien und interaktive Elemente eine zentrale Rolle spielen: Besucher*innen werden künftig selbst Teil historischer Szenen oder können ihre Namen in Datenbanken einordnen. Auch daran wurde deutlich, wie KI und digitale Tools Geschichte lebendig und erfahrbar machen können.

Geschichte hautnah – LVR-Museum Bonn

Gebäude von außen (LVR Museum Bonn)

Am Nachmittag rückte ein schweres, aber wichtiges Thema in den Mittelpunkt: die Euthanasie-Verbrechen der Nationalsozialisten. Im LVR-Museum erfuhren wir, wie schon vor 1933 Ideen von „Rassenhygiene“ entstanden und später grausam umgesetzt wurden. Besonders bewegend war die Kinder-Euthanasie: Über 99 Kinder starben allein in Waldniel durch Nahrungsentzug oder Medikamentenüberdosen.

Auch die systematische Ermordung Erwachsener in der „Aktion T4“ machte uns fassungslos. Bürokratische Listen und Stempel entschieden über Leben und Tod – eine erschreckende Erinnerung daran, wie unmenschlich „Alltag“ im NS-System organisiert war.

Anhand der Biografie des SS-Mannes Johann Niemann wurde außerdem deutlich, dass es oft nicht nur „die großen Täter“ waren, sondern auch scheinbar gewöhnliche Menschen, die Teil der Mordmaschinerie wurden. Fotos zeigten ihn als gut gekleideten, unauffälligen Mann – ein scharfer Kontrast zu seiner Rolle als stellvertretender Lagerkommandant in Sobibor.

Diese Exkursion hat uns eindrücklich gezeigt, dass Geschichte nicht abstrakt bleibt, sondern uns direkt berührt und Verantwortung mit sich bringt.

Levi Howe, Q1

Schülergruppe vor dem Museum