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Die schwierige Suche nach dem guten Menschen

Open-Air-Bühne mit Schauspieler:innen in Chantals Kiosk, Mr. Jones vorn
Datum:
10. Juni 2023
Von:
Berit Keiser
Der Schirmverkäufer Giovanni (Christopher Gottschalk) singt

Wie kann Chantal gut sein, wenn doch alles so teuer ist? Wenn in der ärmlichen Stadt alle ihre Güte ausnutzen und immer mehr von der Kiosk-Besitzerin wollen? Als sie merkt, dass sie ihren Laden so nicht weiterführen kann, erfindet die ehemalige Prostituierte ihren Vetter Mr. Jones, tauscht das rote Kleid in ein rotes Sakko und schwarze Hose und pflegt einen rauen Umgang mit ihren Mitmenschen. Die Göttinnen, die sie als guten Menschen erkannt hatten, halten am Schluss weiterhin zu ihr und gestatten ihr, sich auch weiterhin ab zu in Mr. Jones zu verwandeln. 
Der Plot stammt aus „Der gute Mensch von Sezuan“; er bildet die Grundlage für die moderne Adaption mit Musik am St. Joseph-Gymnasium in Rheinbach. An zwei Abenden war die Inszenierung, bei der 140 Schülerinnen und Schüler beteiligt waren, auf der Open-Air-Bühne zu sehen. Der Literaturkurs unter der Leitung von Barbara Haas und Ursula Herberhold spielte das Stück „Gesucht – Der gute Mensch“ untermalt von Musik des Schulorchesters „Sul Ponticello“, geleitet von Annemarie und Thomas Löffler, sowie des Chores unter der Leitung von Katja Mielnik. 

Flieger René (Philipp Cramer)

Der Schirmverkäufer Giovanni tanzt zu Chorklängen „Singin‘ in the Rain“ und singt später im Stück „Umbrella“, der Flieger René (Philipp Cramer) präsentiert gemeinsam mit dem Chor „Über den Wolken“ mit geändertem Text, das Orchester spielt unter anderem „Money, Money, Money“ und den „Hochzeitsmarsch“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Was nach Unbeschwertheit klingt, wandelt sich in der Interpretation des zuletzt genannten Stücks schließlich in schräge Töne – denn unbeschwert ist in dieser Handlung eigentlich niemand. Die Figuren leiden unter Armut, beispielsweise die achtköpfige Familie, hüten die Ordnung wie der Polizist (Gerwin Osterheld) oder machen sich Sorgen um die Eheschließung wie Renés Mutter (Annika Reska): Man wartete auf den Vetter, bevor Chantal (Xenia Vezenkovska/Jacinta Ganz) und ihr Flieger heiraten sollten. Die Hauptrolle, für die beiden Abende unterschiedliche besetzt, brachte jede Menge Text mit sich – eine Herausforderung, die beide Schülerinnen bravourös meisterten.
Das Ensemble spielte hinter, vor, auf und mit Getränkekisten: Sie dienten als Ladentheke, Tisch oder Waren, die unter den strengen Augen von René im Akkord und im Takt der Musik weiterzugeben waren. Die Göttinnen (Laura Hösgen, Lena Smeets, Mia Duda-Dudynska) wünschen sich etwas anderes – aber verändern können sie nichts. Für manches – wie die von ihnen genannte Klimakrise – müssen die Menschen selbst die Verantwortung übernehmen. 

Flieger René (Philipp Cramer)